Arbeitsmedizin 4.0: Die Prävention muss zu einer tragende Säule im Gesundheitssystem werden.

4. März 2019,      

Diese, von der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM), aufgestellte zentrale Forderung zum Stand und zum Entwicklungsbedarf der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland liefert auch in der österreichischen Diskussion rund um die Pflicht des Arbeitnehmerschutzes einen wichtigen Beitrag.

Vor dem Hintergrund der allgemeinen demografischen Entwicklung in Europa, dem damit einhergehenden spezifischen Alterungsprozess der Bevölkerung und der gleichzeitigen Zunahme chronischer Erkrankungen schon in der jüngeren Bevölkerung, erhalten Prävention und Gesundheitsförderung eine zunehmend wichtigere Bedeutung. So wird die Lebens- und Arbeitswelt in den Betrieben und den Unternehmen immer wichtiger für ein zielgerichtetes Präventionssetting, sowohl für Maßnahmen in der Verhaltens- als auch der Verhältnisprävention. Die neue Rolle der Arbeitsmedizin wird sein, einerseits auf gesundheitsgerechte, salutogene Lebens- und Arbeitsbedingungen hinzuwirken und andererseits die Beschäftigten in den Unternehmen zu befähigen, die individuelle Kontrolle über ihre Gesundheit zu erhöhen und dadurch ihre Gesundheit aktiv zu fördern.

Von der Pathogenese zur Salutogenese ist die Devise in der Weiterentwicklung der Prävention.

Thema der arbeitsmedizinischen Arbeit ist nicht mehr nur die Vermeidung von Krankheiten, sondern die Entstehung von Gesundheit und die Frage, welche Faktoren und Einflüsse im Berufsalltag dafür entscheidend sind. Ob gewisse Belastungen Stress verursachen und krank machen oder nicht, hängt von den eigenen Widerstandsressourcen und dem Kohärenzgefühl, also der grundsätzlichen Einstellung zum Leben, ab. So können ein starkes Selbstbewusstsein oder bestimmte Fähigkeiten und eine positive Lebenseinstellung gesund und damit wieder belastbar und leistungsfähig machen. Daher sind Flexibilität und die Entwicklung situationsadäquater Handlungsstrategien zukünftig in der Arbeitsmedizin gefragt.

Schon heute sieht das ASZ als Österreichs erstes Zentrum für Prävention in der Arbeitswelt seine ArbeitsmedizinerInnen als wichtige Lotsen und neutrale Berater zwischen präventiver Gesundheitsförderung, arbeitsmedizinischer Vorsorge, ambulanter Versorgung und berufsfördernder Rehabilitation.

Es wäre aber dringend notwendig, diese neuen Anforderungen auch in der Gesetzgebung zu verankern und das Arbeitnehmerschutzgesetz entsprechend zu adaptieren. Ein wesentlicher Punkt in der Forderung der DGAUM ist daher auch die Schaffung der wissenschaftlichen Grundlagen für eine effektive Arbeitsmedizin, die an den Medizinischen Fakultäten erarbeitet werden müssen. Wie jede fachspezifische Forschung hat auch die arbeitsmedizinische Forschung ihr spezifischen Fragestellungen und Methoden. Und die Erfüllung präventiv-medizinischer Aufgaben setzt einen ebenso hohen Standard in den Methoden voraus, wie in der klinischen Medizin.
Allerdings wäre es in einem modernen Gesundheitswesen durchaus angebracht, arbeitsmedizinisches Basiswissen als Pflichtwissen eines jeden Arztes im Medizinstudium zu vermitteln.